Dass gerade Frauen in einem ständigem Wettbewerb gegeneinander stehen, ist heutzutage so zur Normalität geworden, dass dieser häufig nicht offensichtlich oder sogar unbemerkt geschieht.
Schon von klein auf, wird Mädchen Konkurrenzdenken und Neid beigebracht.
Denn es ist klar: Nur Eine kann es nach oben schaffen und um dies zu erreichen, muss man sich durchkämpfen. So werden alle Anderen automatisch zur Konkurrenz.
Gerade Mädchen und Frauen aus Arbeiter:innen Familien und/oder migrantischen Familien haben es auch in diesem Bezug schwerer, da sie sich von ganz unten nach oben kämpfen müssen und sich so gegen noch mehr Konkurrenz durchsetzen müssen.
Der Wettbewerb unter Frauen fängt schon bei Gedanken wie: ”Warum hat sie eine schönere (…) als ich?” oder “Warum kann sie besser (…) als ich?” an. Dieses Infragestellen zieht sich durch nahezu alle Lebensbereiche. Ob im Job, in der Schule, in der Liebe, in der körperlichen Selbstwahrnehmung oder in bestimmten Fähigkeiten: innerhalb des kapitalistischen Systems, innerhalb dieser Leistungsgesellschaft ist der Wettbewerb immer da und ändert je nach Bereich seine Form und Ausmaße. Diese andauernde Konkurrenz wird nochmal durch die Medienwelt und Werbung immens verstärkt. Patriarchale Bilder, die uns dort vermittelt werden und uns erzählen, wie eine Frau ist (zickig, intrigant und hinterhältig) und wie eine Frau zu sein hat (schön, schlank, glücklich, fleißig) verinnerlichen wir und machen sie zu unseren eigenen.
So kann das Umziehen in der Sportumkleide oder inzwischen allein das Absetzen der Mund-Nasen-Bedeckung, auch in Frauen-Räumen, zu einer Herausforderung werden.
Die Verunsicherung, ausgelöst durch Angst über Verurteilung der Anderen, über das Gesicht oder den eigenen Körper ist, oft riesig und erdrückend.
Der dauerhafte Konkurrenzkampf und der unbewusste Wettbewerb zwischen Frauen nimmt nochmal besondere Dimensionen an, wenn es um das Thema „Schönheit“ geht. Denn dass man den Körper einer Frau im Kapitalismus und im Patriachat nicht nur gut vermarkten und fremdbestimmen kann, sondern dass man Frauen durch den ewigen Drang zur Selbstoptimierung bis an ihre Grenzen bringt, zeigen uns Fernsehsendungen wie Germanys Next Topmodel deutlich.
Dieser fortwährende Wettbewerb setzt Frauen täglich unter Druck. Zwar leiden auch Männer unter dem Leistungsdruck innerhalb der kapitalitischen Gesellschaft, jedoch werden Frauen zusätzlich in eine strukturelle Abhängigkeit von ihnen gedrängt. Frei nach dem darwinistischen Prinzip „nur die Starken überleben“, müsste es bei Frauen wohl eher heißen: nur die Schönen überleben.
Nicht nur daher müssen wir beginnen, mit diesen Auswüchsen des neoliberalen Wirtschaftssystems zu brechen.
Frauen müssen sich selbst wert schätzen dürfen, ohne dass sie dabei der Rest der Gesellschaft beeinflusst, stigmatisiert oder ausschließt.
Ebenso müssen wir anfangen, uns (dabei) gegenseitig zu unterstützen und Netzwerke schaffen, in denen wir miteinander ohne Konkurrenz Leben können und uns in unserem gemeinsamen Kampf gegen diese konkrete Unterdrückung gegenseitig zu bestärken.
Solidarität beginnt im Kopf.
Wenn wir jegliche Konkurrenz gegeneinander beilegen wollen, müssen wir solidarischer miteinander umgehen. Das heißt, wir müssen aufhören, uns ständig persönlich miteinander zu vergleichen.
Warum freuen wir uns nicht mit anderen Frauen über ihre Schönheit, ihre Erfolge, ihre bestärkenden Beziehungspartner:innen? Wir können uns darüber nicht mit ihnen oder für sie freuen, weil dieses System uns vermittelt, ihr „Vorteil“ würde uns Nachteile bereiten.
Stattdessen müssen wir lernen, offen und ehrlich miteinander zu kommunizieren und über unsere eigenen Unsicherheiten zu sprechen. Wir sollten für einander da sein und uns gegenseitig aufbauen, anstatt in der Vereinzelung an unseren Selbstzweifeln und der Missgunst Anderen gegenüber kaputt zu gehen.
So können wettbewerbs- und wertfreie Strukturen entstehen, wachsen und uns Frauen nachhaltig stärken.
Um wirklich in Solidarität miteinander leben zu können, müssen wir also das patriarchale, neoliberale, kapitalistische System, von Grund auf zerstören.
Wir wollen uns nicht länger aneinander messen, uns gegeneinander ausspielen und damit den wahren Spalter:innen dieser Gesellschaft, eben den Kapitalist:innen, in die Hände spielen.
Wir wollen die Befreiung der Frau, wir kämpfen für die endgültige Befreiung der Gesellschaft!