Mit weitaus mehr als 2000 Beschäftigten der Sozial- und Erziehungsdienste, Azubis, solidarischen Eltern und Kolleg:innen anderer Branchen sind wir gestern Abend auf die Straße gegangen, um auf die miserablen Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen aufmerksam zu machen.
Es fehlt an allen Ecken und Enden an Personal, eine gute Betreuung der Kinder kann nicht gewährleistet werden und auch für die Kommunikation mit den Eltern bleibt keine Zeit im Arbeitsalltag.
Ganz zu schweigen von Azubis, die in der schulischen Ausbildung nicht einmal eine Vergütung erhalten!
Doch Kinder sind unsere Zukunft. Ihre Betreuung, Erziehung und Bildung ist maßgeblich für die Reproduktion unserer Gesellschaft. Allein deshalb ist es längst überfällig, dass unsere ausgebrannten Kolleg:innen gehört werden: Wir brauchen mehr Personal!
Auch hat die gestrige Demonstration wieder einmal gezeigt, dass es hauptsächlich Frauen sind, die in der chronisch unterbezahlten, unterbesetzten Reproduktionsarbeit tätig sind.
In den meisten Fällen, gehen eben diese Frauen nach ihrer Lohnarbeit auch noch der unbezahlten Arbeit zu Hause nach: die eigenen Kinder versorgen, putzen, kochen, Wäsche waschen… Wenn nicht sogar nich ein weiterer Job her muss, weil es inzwischen zum Leben nicht mehr reicht!
So darf es nicht weitergehen!
Während der Staat soziale Bereiche kaputtspart, weil diese keine direkten Profite erwirtschaften, schmeißt er Großunternehmen die Geldbatzen nur so hinter her oder pumpt mal eben 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr.
Wir brauchen eine Gesellschaft, in der die Betreuung, Erziehung und Bildung unserer Kinder kollektiv und im Sinne einer solidarischen Gesellschaft organisiert wird.
Im Sinne einer Gesellschaft, in der die Reproduktionsarbeit nicht allein an Frauen hängen bleibt und in der (frühkindliche) Bildung keine Klassenfrage ist!
Bis dahin stehen wir solidarisch an der Seite unserer Kolleg:innen der Sozial- und Erziehungsdienste im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen im Hier und Jetzt.
Die lautstarke Demonstration gestern war auf jeden Fall ein wichtiger Schritt und ein klares Zeichen!
Wir bedanken uns bei den Organisator:innen und allen Unterstützenden.
Alle zusammen für mehr Personal!
Solidarität mit dem SuE!
Dies Flugblatt haben wir vor Ort verteilt:
Liebe Kolleg:innen,
Wir stehen heute gemeinsam als Beschäftigte, Azubis und solidarische Menschen auf der Straße, um gegen die unhaltbaren Arbeitsbedingungen in den Kindertageseinrichtungen auf die Straße zu gehen.
Die von ver.di formulierte Kritik richtet sich an genau die Richtigen! Die Bundes- und Landespolitik sorgt mit ihrem Kaputtsparen im Sozial- und Erziehungsdienst dafür, dass die Beschäftigten und Auszubildenden in diesem Bereich über ihre Grenzen hinaus belastet werden.
Während unter dem Vorwand, ihr „Überleben zu sichern“, Milliardenbeträge in ebenso schwer Konzerne und Unternehmen oder in die Aufrüstung gepumpt werden, zehren Erzieher:innen, SPAs und alle Azubis von ihren Reserven.
Die ständig steigenden Anforderungen und der Personal- und Fachkräftemangel sorgen dafür, dass langfristig die Qualität der pädagogischen Arbeit sinkt und immer mehr Kolleg:innen aufgrund der hohen psychischen Belastung lange Zeit krank bleiben oder den Beruf wechseln. Anstatt dass die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die Ausbildungen und Umschulungen in den Kita- Berufen zu fördern und so dem Fachkräfte- und Personalmangel entgegen zu wirken, müssen die Zeche für dieses Ausbleiben wie immer die Beschäftigten zahlen.
Doch wieso wird woanders investiert und bei uns wird gespart?
Der Sozial- und Erziehungsdienst ist ein Berufsfeld, das selber keine Produkte bzw. Waren produziert und somit auch keinen direkten Mehrwert und Gewinne erwirtschaftet. In einem profitorientierten Wirtschaftssystem wird deshalb lieber in Branchen und Unternehmen (wie z.B. Energiekonzerne) investiert, deren Gewinne direkt wieder weiter investiert werden können. Unsere Arbeit ist jedoch mindestens genauso systemrelevant!
Als Erzieher:innen, SPAs und Kinderpfleger:innen tragen wir die Verantwortung für die nächsten Generationen und ihre frühkindliche Bildung. Von der Arbeit die wir leisten, profitieren aber nicht nur Eltern und Kinder, sondern auch die Unternehmen, deren zukünftige Arbeiter:innen wir erziehen und dafür sorgen, dass ihre Eltern wie gewohnt zur Arbeit gehen können. Damit halten wir das System mit am Laufen. Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst gehören genauso zur arbeitenden Klasse wie die Arbeiter:innen in der Produktion, im Handwerk oder anderswo. Wir müssen genauso jeden Tag aufs Neue unsere Arbeitskraft verkaufen.
Doch das Produkt unserer Arbeit entspricht nicht der kapitalistischen Profitlogik. Das soll es aber auch nicht! Erziehung und Bildung sind keine Ware!
Wir fordern eine Anerkennung unserer Arbeit, die mit einer massiven Aufwertung des Bereichs einhergehen muss. Dazu gehören eine deutliche Lohnanhebung und Investitionen in die Ausbildung von Fachkräften, z.B. durch eine feste Ausbildungsvergütung. Denn Fachkräftemangel ist kein Naturphänomen, sondern Folge politischer Entscheidungen!